Die bislang nüchterne Unterführung der Eisenbahnbrücke erstrahlt jetzt in kräftigem Blau. In klarer, weißer Typografie ziehen sich Worte über die Wände, die erst beim Durchqueren lesbar werden. So entsteht ein Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Geschichte und Alltag. „Als ich die Brücke zum ersten Mal sah, war sofort klar: Dieser Ort trägt viel in sich. Ich arbeite gerne mit Sprache, weil sie Abstraktion zulässt – hier war sie der Schlüssel, um Geschichte und Gegenwart miteinander zu verweben“, sagte Künstlerin Käthe Löffelmann am Mittwoch bei der Eröffnung ihres Kunstwerkes.
Für die Stadt Krems ist das Projekt ein starkes Symbol. Die Brücke wird vom Trennenden zum Verbindenden – zwischen Stadtteilen, zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen Menschen. „Die Brücke war lange eine Barriere. Jetzt ist sie ein Bindeglied zwischen Stein und der Altstadt von Krems. Dieses Kunstwerk verbindet Orte – und Menschen“, meint Bürgermeister Peter Molnar.
Die Intervention ist bewusst reduziert gehalten. Sie verleiht dem Ort Kraft, ohne ihn zu überladen. Dabei verweist sie etwa auf historische Ereignisse, wie das Massaker von Stein, das 1945 in direkter Nähe stattgefunden hat. Erinnert aber auch an die Tabakarbeiter:innen, die in der Tabakfabrik (heute Kunsthalle Krems und Universität für Weiterbildung) gearbeitet haben. Kulturgemeinderätin Elisabeth Kreuzhuber ergänzt: „Kunst im öffentlichen Raum verlässt die Komfortzone. Sie macht alltägliche Orte zu kulturellen Plätzen und lädt zur Auseinandersetzung ein. Dieses Projekt ist ein starkes Zeichen für Offenheit und kulturelle Innovation.“
Die Eisenbahnbrücke ist ein zentraler Punkt der Kunstmeile Krems, die vom Minoritenkloster Stein bis zur Dominikanerkirche führt. Durch die künstlerische Gestaltung gewinnt der Weg zwischen Stein und Altstadt an Qualität. Doris Denk, Bereichsleiterin für Bildung, Kultur und Tourismus sagt: „Kunst darf irritieren, berühren und zum Staunen bringen – aber niemals langweilen. Diese Brücke war früher ein funktionales Objekt. Jetzt ist sie ein lebendiger Ort geworden, der die Kunstmeile neu belebt.“ Kulturamtsleiter Gregor Kremser ergänzt: „Dieses Kunstwerk entfaltet eine Wirkung, die weit über das Sichtbare hinausgeht. Es verbindet Geschichte und Gegenwart und spiegelt unser Selbstverständnis als Kulturstadt wider.“
Auch das Land Niederösterreich sieht in Kunst im öffentlichen Raum einen wichtigen Beitrag zur Belebung und Sichtbarmachung von Geschichte und Gegenwart. Die Brücke liegt im Welterbe zwischen zwei historischen Stadtkernen. Hermann Dikowitsch, Leiter der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich, der in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner an der Eröffnung teilgenommen hatte, meint: „Dieses Projekt setzt einen starken zeitgenössischen Akzent und ermutigt Menschen, weiterzugehen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.“
Im Anschluss empfing das Weingut Salomon die zahlreichen Eröffnungsgäste zu einem Ausklang.