"Wir freuen uns auf ein donaufestival 2021 – so spannend wie möglich und so sicher wie nötig" (Thomas Edlinger, künstlerischer Leiter donaufestival)
In der Videoarbeit Untitled (Wave) von Anne Imhof peitscht etwa eine Frau unaufhörlich das Meer. Die Wellen, sie wollen nicht enden. Die kanadische Musikerin Kìzis (die in Krems mit einem Streichquartett auftreten wird) lädt ihre unbekümmert-schwelgerische Musik von ihrem herausragenden Album Tidibàbide / Turn mit diversen Gastmusiker*innen auf und erzeugt so die Ahnung eines kommenden queeren Volks, das indigen und technopopaffin zugleich kann.
Ira Melkonyan & the rubberbodies entwerfen in ihrer performativen Installation Upstairs Geology 50/50 eine fragile Konstruktion voller beweglicher Flüssigkeiten, die im wahrsten Sinne des Wortes leckt und rinnt und der menschlichen Steuerung entzogen scheint. Diese Arbeit war schon für 2020 angekündigt, Nun ist man froh, diese Programmteile nachholen zu können. Endlich!
Hinzu gesellen sich diverse unter pandemischen Vorzeichen sich neu entwerfende Arbeiten bzw. überhaupt Neuentdeckungen. Zum Beispiel Summit, die Beschwörung eines kommenden Ereignisses von planetarischer Größe, das die erstmals in Österreich auftretende ungarische Performancegruppe Hollow in Szene setzt, die filmische Dokumentation von Temple du présent - Solo für einen Octopus von Stefan Kaegi in Kollaboration mit Judith Zagury und Nathalie Küttel (Shanjulab) oder die die im Stadtraum auftauchende Outdoor-Performance Fictions of the Flesh von Ingri Fiksdal, Fredrik Floen und Mariama Fatou Kalley Slåttøy.
Musikalisch reicht der Bogen vom Noiseextremismus des kenianischen Duos Duma bis zur vom Sufi-Gesang inspirierten, zartfühlenden Trauermusik der pakistanischstämmigen Sängerin Arooj Aftab bis hin zu Klangritualen der spirituell interessierten Musik von Masma Dream World. Die Komponistin und Organistin Kali Malone stellt ihr Projekt Does Spring Hide Its Joy gemeinsam mit der Cellistin Lucy Railton und dem Drone-Avantgardisten Stephen O’Malley vor, während Musiker*innen wie Deena Abdelwahed, Angel-Ho, Asifeh, Ghostpoet oder Loraine James eher beatorientiert arbeiten.
Dazwischen und daneben finden sich Krautrockreminiszenzen von Die wilde Jagd, die ins und für das Offene gestimmte Befreiungsmusik von Decolonize Your Mind Society, Gesangsmanipulationen von Lyra Pramuk, weitere heimische Acts wie Gischt, Conny Frischauf oder Phantom Gold, der Wundertütenpop von Jerskin Fendrix, das elektronische Update afrofuristischen Jazz‘ von Aho Ssan, der verwehte Industrial von Nordra, der dunkle Techno von Margenrot und das anregende Knirschen und Sirren von FRKTL. Einen weiteren Höhepunkt könnte das Projekt von Jenny Hval und Håvard Volden liefern, die als Lost Girls einen sanft entrückt wirkendes Electro-Act bilden. Oder der von angolanischen Kudoro-Rhythmen inspirierte scharfkantige Rap von Nazar. Oder der erste ÖsterreichAuftritt der Londoner Band Black Country, New Road. Nicht nur diese Band hält den Gedanken des Kollektivs und des kulturellen Austauschs hoch.
Auch die das zweite Wochenende rahmenden Vorträge und Gespräche mit dem Künstler und Internettheoretiker James Bridle oder dem auf ein neues Verständnis von Ökologie und Natur abzielenden Philosophen Timothy Morton schlagen den Verbund von künstlichen und künstlerischen Intelligenzen vor.
Das Donaufestival Krems geht von 1. bis 3. Oktober und von 8. bis 10. Oktober im Klangraum Krems Minoritenkirche, in den Österreich-Hallen und im Kino im Kesseslhaus über die Bühne.
Alle Infos: www.donaufestival.at
Foto: Die Wellen, sie wollen nicht enden: Videoarbeit Untitled (Wave) von Anne Imhof, 8.-10.10. beim Donaufestival © Anne Imhof & Galerie Buchholz, Berlin, Köln, New York