KremsMachtGeschichte lädt dazu ein, sich mit der Kremser Zeitgeschichte und hier vor allem mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Das Projekt ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern einen persönlichen Weg durch die Stadt, um verschiedene historische Schauplätze miteinander zu verbinden. Bei diesem Rundgang entsteht eine individuelle Erzählung, die Orte, Themen und Geschichten aktualisiert und durch das kritische Erinnern der Besucherinnen und Besucher die Vergangenheit lebendig werden lässt.
„Es liegt in unserer Verantwortung aus der Geschichte zu lernen, in dem wir aufzeigen und an fundamentale Verletzungen von Grundfreiheiten und Menschenrechte erinnern“, sagt Bürgermeister Reinhard Resch und ergänzt: „das ist selten populär und erfordert Mut. Mit diesem Themenweg zeigen wir Mut!“
Was bedeutet es, "Geschichte zu machen"? Krems wurde 1938 Hauptstadt des Gaues Niederdonau. Damals wurde in Krems Geschichte geschrieben, die bis heute oft verdrängt wird. Die zeitgeschichtlichen Stationen erinnern an historische Ereignisse, Orte und Zusammenhänge. Täterinnen und Täter werden benannt, es wird über die Opfer berichtet und Widerstand wird sichtbar gemacht. Geschichte wird nicht nur in Schulbüchern, von Historikerinnen und Historikern und an Universitäten geschrieben, sondern auch durch alltägliches Handeln gestaltet. Geschichte geschieht im Hier und Jetzt, die Besucherinnen und Besucher der Themenstationen wählen ihren eigenen Weg durch die Zeitgeschichte.
„Mit dem Themenweg arbeiten wir wichtige Ereignisse der Kremser Zeitgeschichte auf, die unrühmlichen genauso wie die rühmlichen. Viele Schauplätze sind heute nicht mehr als solche erkennbar. Wir wollen sie wieder sichtbar machen und zur Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte einladen. Vor allem sollen junge Menschen, Schülerinnen und Schüler, die Möglichkeit bekommen, sich mit Fragen wie Diktatur, NS-Verbrechen, Widerstand, Flucht und Verfolgung in ihrer unmittelbaren Umgebung zu beschäftigen,“ ergänzt Bereichsleiterin für Kultur und Bildung Doris Denk.
24 historische Schauplätze, die durch grüne Wimpel im öffentlichen Raum gekennzeichnet sind, bilden die Stationen der Rundgänge von KremsMachtGeschichte. Jeder Ort steht für ein anderes Ereignis, das von Zerstörung, Verfolgung und Verbrechen, aber auch von Verantwortung, Solidarität und Widerstand zeugt. Einige der Wege führen zu Denkmälern, die die Geschichte heroisieren und die heute einer historischen Korrektur bedürfen. Prominent im Stadtbild sind das Gericht und das Gefängnis, in denen einst die NS-Gewalt exekutiert wurde und die heute zum Funktionieren der Demokratie beitragen. Viele Schauplätze vergangener Ereignisse sind heute nicht mehr als solche erkennbar und werden erst durch die Vorstellungskraft der Besucherinnen und Besucher wieder zum Leben erweckt. Die Wimpel an den einzelnen Stationen sind mittels QR-Codes zu einer eigenen Homepage verlinkt, auf der Informationen zu den Orten und Dokumente wie Fotos aufbereitet wurden. Zusätzlich wird es ein Booklet geben, in dem alle Orte durch informative Texte und Bilder erfasst wurden.
Kulturamtsleiter Gregor Kremser meint: "KremsMachtGeschichte ist das Ergebnis jahrelanger Vorarbeit, die mit Hilfe verschiedener Kooperationspartner umgesetzt werden konnte. Sinn und Zweck ist es, Geschichte sichtbar zu machen und in kritischer und multiperspektivischer Art und Weise zu vermitteln. So gelingt die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart und die Zusammenhänge mit politischer Bildung werden greifbar."
Ab Herbst 2023 werden die Stationen im Stadtraum sichtbar sein und auch in Form des Booklets vorgestellt. Als Kernstück des Projekts wird auch die Homepage, welche alle relevanten Orte verbindet, online gehen. KremsMachtGeschichte wurde aufgrund der Komplexität in mehrere Projektschritte aufgeteilt. Die ersten beiden Teile wurden von der Stadt Krems und aus LEADER-Mitteln finanziert. Zielgruppen sind Schülerinnen und Schüler, Studierende und die Kremser Bevölkerung, aber auch interessierte Besucherinnen und Besucher.
Kurzinformation zum Themenweg „KremsMachtGeschichte“
Projektinitiative: kremskultur, Gregor Kremser
Projektverantwortliche: Doris Denk, Daniel Haberler-Maier, Gregor Kremser
Projektkonzeption, Texte und Grafik: purpurkultur, Toledo i Dertschei, trafo.K und Stephan Schmidt-Wulffen Projektleitung: Beatrice Jaschke, purpurkultur
Umsetzung der Stationen im öffentlichen Raum: Herbst 2023
Team von purpurkultur:
Simon Nagy
ist Teil von trafo.K, Büro für Kunstvermittlung und kritische Wissensproduktion. Er schreibt und vermittelt mit den Schwerpunkten kollaborativer künstlerischer Forschung, kritischer Textproduktion sowie transformativer Kunstvermittlung. In Workshops, Texten oder Ausstellungen durchleuchtet er spezifische Kontexte und Materialbestände, um in sie zu intervenieren und sie zu durchkreuzen. Er diskutiert in den „Flic Flac*“-Workshops mit Lehrlingen und Berufsschüler*innen über queer-feministische Themen, entwirft gemeinsam mit dem Jugendbeirat im Rahmen der Kampagne #jugendmuseumjetzt Visionen für ein Jugendmuseum in Wien und forscht zu Gespenster-Zeitlichkeiten im Neoliberalismus.
Stephan Schmidt-Wulffen
Prof. Dr. Stephan August Schmidt-Wulffen hat Sprach- wissenschaft und Philosophie an den Universitäten Köln und Konstanz studiert. Der Kunsttheoretiker und Kurator für zeitgenössische Kunst war Direktor des Kunstvereins Hamburg und Gastprofessor an der Columbia Universität in New York. In den Jahren 2002 bis 2011 stand er der Akademie der bildenden Künste in Wien als Rektor vor und im Anschluss der New Design University. Zwischen 2016 und 2021 lehrte Schmidt-Wulffen Kunsttheorie an der Freien Universität Bozen. Er ist zurzeit Honorarprofessor der Zeppelin Universität und arbeitet als freier Publizist.
Die Basis der Inhalte für „KremsMachtGeschichte“ bilden eine Studie, eine Mindmap und ein Stadtplan, die 2021 von Wolfgang Gasser, Martina Scherz und Robert Streibel erstellt wurden. Die Projektleitung für diesen ersten Teil wurde von Martina Scherz (im-plan-tat) übernommen.
Das Projektteam beschreibt seine Intentionen folgendermaßen:
„Bei der Bearbeitung des Vermittlungskonzepts für den Themenweg (Projektteil 1, Anm.) war uns wichtig, dass die bedeutendsten zeitgeschichtlichen Ereignisse im Stadtgebiet von Krems vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis 1955 und darüber hinaus sichtbar gemacht werden, an die Zielgruppe vermittelt werden und Wissen dazu aufgebaut wird. Bei der Umsetzung des Zeitgeschichteweges ist es wichtig, dass die Ereignisse, insbesondere die Lebensgeschichten, umsichtig, angemessen und mit Respekt öffentlich dargestellt werden und die Menschen und ihre Schicksale in den Mittelpunkt zu stellen.
Wir sind davon überzeugt, dass dieses und ähnliche Projekte für unser heutiges und zukünftiges Zusammenleben bedeutend sind und einen Beitrag für Frieden und Demokratie leisten. Jede Generation muss ihren Zugang zur Geschichte finden, ihn sich neu erarbeiten, ihren Begriff von Frieden und Demokratie einbauen können – die Geschichte kann man daher nicht „ruhen lassen“.
Foto: Simon Nagy (purpurkultur), Bürgermeister Reinhard Resch , Stephan Schmidt-Wulffen (purpurkultur) und Kulturamtsleiter Gregor Kremser bei der Präsentation des Themenwegs KremsMachtGeschichte. (von links)