Die Grenzen zwischen Echtem und Künstlichem werden inzwischen in allen Bereichen der Gesellschaft diskutiert – von Debatten über KI und virtuelle Simulationen bis hin zu Identitätspolitik und Genderfragen. Aber was genau bedeutet „echt“?
Bereits zum 17. Mal versammelten die Europäischen Literaturtage unter der künstlerischen Leitung des Autors und profunden Kenners der europäischen Gegenwartsliteratur Walter Grond internationale Schriftsteller:innen, Philosoph:innen, Soziolog:innen sowie Literaturinteressierte in Krems, um drängende Themen von allen Seiten zu beleuchten und Debatten anzuregen. Geboten wurden vier Tage dichtes Programm: Lesungen, Dialoge, Büchertalks, die Reihe „Worte und Töne“ (in Kooperation mit dem Festival Glatt&Verkehrt) sowie diverse Begleitveranstaltungen.
Unter dem Motto Was ist echt? waren in diesem Jahr Martina Hefter, Eva Weber-Guskar, Raphaëlle Red, Jonas Lüscher, Nava Ebrahimi, Georgi Gospodinov, Christoph Peters, Gabriela Wiener, Pajtim Statovci, Hanna Bervoets, Jörg Piringer, Elisabeth Klar und viele andere im Klangraum Krems Minoritenkirche zu Gast.
Die österreichische Autorin Eva Menasse wurde im Rahmen der Abschlussmatinée der Europäischen Literaturtage 2025 in Krems mit dem Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln ausgezeichnet.
HVB-Präsident Benedikt Föger überreichte die höchste Auszeichnung des österreichischen Buchhandels und würdigte Menasses konsequenten Einsatz für Meinungsfreiheit, offenen Diskurs und gesellschaftliches Engagement. In Zeiten zunehmender Polarisierung erhebe Menasse „eine unverkennbare Stimme – differenziert, unbequem und präzise“.
In der Laudatio betonte Politologe und Osteuropa-Experte Ivan Krastev die persönliche und moralische Tiefe von Menasses Werk. Ihre Bücher wie „Vienna“ und „Dunkelblum“ stellten vergessene Stimmen vor und machten „das Schweigen der Vergangenheit hörbar“. Menasses Beitrag zu aktuellen Debatten – vom Ukrainekrieg über Identitätspolitik bis zu Fragen von Cancel Culture – sei „komplex, verstörend und tröstlich zugleich“.
In ihrer Dankesrede hob Eva Menasse die Bedeutung der Meinungsfreiheit hervor: Man müsse Geschichten „drehen und wenden“, bis ein neuer Blickwinkel sichtbar werde – besonders in politisch herausfordernden Zeiten.
Die Journalistin Katja Gasser moderierte das Gespräch. Für die musikalische Gestaltung sorgten Carles Muñoz Camarero und Paul Schuberth.
Zur Person Eva Menasse
Die 1970 in Wien geborene Autorin lebt seit 25 Jahren in Berlin und zählt zu den markantesten Stimmen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Seit ihrem Debütroman „Vienna“ (2005) erschienen zahlreiche vielfach ausgezeichnete Romane, Erzählungen und Essays. Für ihr essayistisches Werk erhielt sie 2019 den Ludwig-Börne-Preis. Ihr jüngster Roman „Dunkelblum“ wurde in neun Sprachen übersetzt.