Im Zuge der Fernwärmeausbauarbeiten in Krems waren in den vergangenen Wochen nicht nur Baufirmen, sondern auch Archäologen im Einsatz. "Bei den Grabungen für die Leitungen am Pfarrplatz stießen wir auf bedeutende archäologische Funde", berichtet EVN Projektleiter Markus Goldsteiner. Im Rahmen der Bauarbeiten sollen mehrere Gebäude im Umfeld der Pfarrkirche an das EVN Naturwärmenetz angeschlossen werden.
Laut Ute Scholz, Leiterin der archäologischen Bauaufsicht, handelt es sich bei diesen Funden um Reste des St. Veiter Friedhofs, der erstmals im 13. Jahrhundert schriftlich erwähnt und bis ins 18. Jahrhundert genutzt wurde. „Der St. Veiter Friedhof ist der älteste bekannte Stadtfriedhof von Krems. Wir konnten rund 280 Skelette freilegen, die vor Ort sorgfältig dokumentiert und anschließend geborgen wurden“, erläutert Scholz.
Die Skelette werden nun wissenschaftlich untersucht, um Sterbealter, Geschlecht und Krankheitsbilder der Bestatteten zu ermitteln. Diese Forschung bietet die seltene Gelegenheit, Veränderungen in der Ernährungsweise und im Konsumverhalten der Bevölkerung vom Mittelalter bis in die Neuzeit zu rekonstruieren. Besonders spannend ist die Frage, ob sich in den Gebeinen Hinweise auf den Konsum von Kaffee, Zucker, Tee oder Tabak finden lassen – Genussmittel, die im Zuge der fortschreitenden Globalisierung ab dem 16. Jahrhundert nach Europa gelangten.
„Ohne den Fernwärmeausbau wären diese wertvollen historischen Spuren vermutlich nie entdeckt worden“, freut sich Bürgermeister Peter Molnar. Neben den Funden aus der Neuzeit wurden auch ältere, siedlungsarchäologische Relikte freigelegt. Unter dem Friedhof stießen die Archäologen auf Siedlungsspuren aus dem Hochmittelalter (10.–13. Jahrhundert), darunter die Überreste eines Ofens und eines Grubenhauses. „Diese Funde zeigen, dass der Pfarrplatz bereits lange vor der Errichtung der Pfarrkirche als Siedlungsgebiet genutzt wurde“, so Molnar abschließend.